Deswegen haben die Freien Demokraten hier in diesem Haus schon 2018 einen Antrag zur finanziellen Vorsorge für zukünftige Pensionslasten eingebracht. Dieser Antrag fand damals keine Mehrheit; ich kann Ihnen nicht ersparen, Sie daran zu erinnern, dass alle anderen Fraktionen und der damalige Landrat davon nichts wissen wollten. Die Freien Demokraten haben den Haushalt 2019 unter anderem aus diesem Grund abgelehnt.
Wie wir alle wissen, dauert der Erkenntnisgewinn bei dem einen oder anderen manchmal etwas länger und so haben wir „nur“ fünf Jahre nach dem damaligen FDP-Antrag vor einer Woche beschlossen, Finanzanlagen zu erwerben, um auf zukünftig zu zahlende Pensionen vorbereitet zu sein. Das ist ein Pluspunkt für den Haushalt 2024.
Der Kreishaushalt 2024 enthält Investitionen für knapp 60 Mio. Euro. Das ist das, was nach Einschätzung der Verwaltung realistischer Weise im nächsten Jahr umgesetzt werden kann. Es ist gut, dass wir uns an dieser Stelle ehrlich machen und nur das einplanen, was auch geht. Denn die Kreisumlage wird auf Grundlage der Planung berechnet und von den Städten bezahlt. Wenn wir aber weniger als geplant umsetzen, bekommen die Städte nichts zurück, das Geld bleibt beim Kreis. Diese realistischere Schätzung als in den vergangenen Jahren ist gut für unsere Städte.
Wir versuchen uns auch mit der Verkehrswende im Kreis, leider muss man im Moment von versuchen sprechen. Zwar kümmern wir uns richtiger Weise um unsere Radwege, aber der wichtigste Teil im Kreis ist und bleibt die Vestische. Wir haben gute und richtige Ideen zu X-Bussen, Taktverdichtungen und anderen Optimierungen. Aber wir müssen uns eingestehen, dass wir unsere Pläne buchstäblich nicht auf die Straße bekommen, weil das Personal fehlt und auch nicht leicht zu bekommen ist. Als FDP sind wir davon überzeugt, dass das Auto auch weiterhin ein wichtiges Verkehrsmittel sein wird, besonders im ländlichen Raum. Aber wenn das Auto allein durch die Tatsache, dass es im Gegensatz zum Bus fährt, den Wettbewerb gewinnt, läuft es nicht richtig. Nicht jeder Verkehrsbetrieb hat die gleichen Probleme wie die Vestische, also schauen wir doch mal zur Ruhrbahn nach Essen, warum es da besser läuft.
Die Bürgermeisterin und die Bürgermeister haben in diesem Jahr keine Stellungnahme zum Haushalt abgegeben. Wir dürfen dies als Zustimmung werten, denn die Städte sehen sehr wohl, wie sehr der Kreis versucht, sie finanziell möglichst wenig zu belasten. Die Kreisumlage konnte gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung um ca. 3,2 Mio. Euro gesenkt werden; wir nehmen mehr als 31 Mio. Euro aus unserer Ausgleichsrücklage. Wir können dies jedoch nur noch wenige Jahre tun, dann enden unsere Mittel dort und dann wird es noch schwieriger für die Städte. Natürlich hilft der Griff in die Rücklage den Städten weiter, doch wenn wir ehrlich sind, ist die finanzielle Lage der Städte viel zu dramatisch, als dass der Kreis noch entscheidend helfen kann.
Ungefähr 250 Mio. Euro Defizit aller Städte allein im kommenden Jahr, theoretisch notwendige Erhöhung der Grundsteuer auf Werte von 2000 und mehr um den Haushalt auszugleichen, zeigen, wie verzweifelt die Lage ist. Man spürt auch die Resignation der Kommunalpolitik vor Ort. Das Beispiel meiner Heimatstadt Gladbeck zeigt, dass selbst bei null freiwilligen Leistungen ein Defizit bleibt. Unsere Städte sind strukturell unterfinanziert und können aus eigenen Kräften keine ausgeglichenen Haushalte mehr aufstellen. Und das nach zehn Jahren Stärkungspakt.
Wir gehen im Moment sehenden Auges in eine Situation, wo uns die Finanzierung der kommunalen Familie auseinanderbricht. Wo werden wir in fünf oder zehn Jahren stehen? Die Lage der Städte am unteren Ende der Nahrungskette hinter mehreren Umlageverbänden bedeutet, dass Kommunalpolitik dort fast nicht mehr möglich ist, weil es keine Spielräume mehr gibt. Diese Situation kann nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund und Land gelöst werden, aber wer wagt es, im Moment daran zu glauben?
Wenn wir wissen, dass wir auf die große Lösung zurzeit nicht hoffen können, müssen wir weiter versuchen, an den kleineren Stellschrauben zu drehen.
Ungefähr 50 % der Kreisumlage macht die LWL-Umlage aus, im kommenden Jahr 2.320 Mio. Euro. Die 5 Mrd. Euro Eingliederungshilfe des Bundes sind verbraucht, es gibt keine so dringend erforderliche Dynamisierung. Daran müssen die Abgeordneten der Region parteiübergreifend arbeiten. Außerdem müssen wir Standards prüfen und überdenken, vorgegebene und selbstgesetzte. Und wir müssen uns auch den unangenehmen Fragen stellen, nämlich wie viel Geld haben wir für welche Leistung, auch soziale Leistung? Wer hat welchen Anspruch? Und sagen wir es mal ganz deutlich: Kann beim LWL das Einzelzimmer für jeden bezahlt werden? Das muss alles auf den Tisch und diskutiert werden, wenn wir nicht über kurz oder lang von den Kosten unseres Sozialsystems völlig überrollt werden wollen. Denn für die Freien Demokraten gilt nach wie vor, dass der Staat mit dem zur Verfügung stehenden Geld auskommen muss.
Selbstverständlich gibt es weitere Dinge, die uns belasten. Es ist richtig, Menschen aus der Ukraine, die vor einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg fliehen, aufzunehmen. Doch die Migration führt uns an finanzielle und organisatorische Grenzen. Die Städte kommen mit dem Ausbau von Kita- und Schulplätzen nicht nach und Personal fehlt sowieso. Am meisten fehlt jedoch eine tragfähige Lösung in Europa, damit wir vor Ort Planungssicherheit bekommen.
Und vom Klima habe ich noch gar nicht gesprochen. Niemand kann sagen, was uns Klimaschutzmaßnahmen kosten, aber diesen Punkt außer Acht zu lassen, wäre grob fahrlässig. Zwar wissen wir, dass kein Klimaschutz am Ende am Teuersten wäre, aber da unsere Mittel begrenzt sind, müssen wir die effizientesten Maßnahmen umsetzen, die bei denen unser Geld auch Erfolg fürs Klima bringt.
Die FDP-Kreistagsfraktion stimmt dem Haushalt für 2024 mit allen Anlagen zu.